Schuljahr 2015/2016

Homo Faber – Rezension

"Homo Faber" lautet der Titel der Theateraufführung unter der Regie von Georg Schmiedleitner, die auf dem gleichnamigen, 1957 von Max Frisch veröffentlichten Roman basiert und die wir am Abend des 11.01. 2016 mit dem Deutsch-Leistungskurs der Klasse zwölf und Herrn Stern im Nationaltheater Mannheim besuchten. Der Eintritt betrug 11,75€ für die ungefähr zwei Stunden, in denen wir der Aufführung beiwohnen durften.

 

In den Hauptrollen spielten Michael Fuchs, Boris Koneczny, Reinhard Mahlberg und Jacques Malan die Figur des Walter Faber - Techniker und Vernunftmensch -, der die Welt aus abgeklärten Augen betrachtet und die Natur zur erklärten Feindin hat. Sein Weltbild gerät jedoch zunehmend ins Wanken, als er auf einer spontanen Reise in den Urwald, um einen alten Jugendfreund wiederzutreffen, von dessen Suizid erfahren muss und sich später in seine eigene Tochter Sabeth, gespielt von Carmen Witt, verliebt, deren Mutter seine Jugendliebe Hanna, von Almut Manker gespielt, ist und von der er nichts wusste. Während des Stücks versucht die Figur des Walter Faber im Rückblick immer wieder Rechenschaft über ihr Leben abzulegen, wodurch das Publikum neben der Zuschauerrolle auch die des stillen Richters einnimmt.

Eine große Besonderheit, die gleich zu Anfang des Stücks deutlich wird, ist, dass der Charakter des Walter Faber von gleich vier Schauspielern verkörpert wurde, wodurch meiner Meinung nach das Innenleben der Figur sowie ihr komplexer, multipler Charakter sehr gut auf der Bühne umgesetzt wurden. Allerdings war ich auch etwas enttäuscht, da die Dialoganteile der vier Fabers scheinbar willkürlich aufgeteilt wirkte und sich keine besonderen Wesenszüge zwischen den einzelnen Teilen Fabers zeigten, durch die man sein Innenleben aus meiner Sicht noch interessanter hätte darstellen können. Z.B. wenn man die teilweise sogar zwiespältigen Gedanken und Gefühle, die der Charakter hegt, in einem direkten Konflikt zueinander gezeigt hätte.

Überrascht war ich vor allem durch das Bühnenbild, das im Vergleich zu manch anderen Theateraufführungen relativ aufwändig ausgefallen ist, auch wenn dies nicht unbedingt erforderlich gewesen wäre. Exemplarisch hervorgehoben sei etwa eine große Holzkiste, die von den Darstellern bei Bedarf auf die Bühne geschoben wurde und die durch ihre verschiedenen aufwändigen Innenausstattungen beeindruckte: In einer Szene stellte sie ein Badezimmer mit voll funktionsfähiger Dusche dar, in der ein Darsteller des Walter Faber während des Stücks für mehrere Minuten duschte. Auch wurde die Episode von Walters und Sabeths Schiffsreise mithilfe einer großen, freischwebenden Brücke dargestellt, die sich während der Aufführung kontinuierlich von einer rechtsseitigen in eine linksseitige Schräglage bewegte, während die Darsteller auf ihr agierten. Dies wirkte gelegentlich etwas ablenkend, brachte aber auch eine gewisse Dynamik in die Aufführung, da die Schauspieler während ihrer Interaktion so durchgehend in Bewegung waren.

Aber trotz der interessanten und relativ genauen Umsetzung des Romans hätte ich ohne vorheriges Lesen wohl Probleme beim Verstehen der Handlung gehabt, besonders am Anfang, in dem bereits auf das Stück vorgegriffen einzelne Textpassagen zitiert wurden, die jedoch zusammengefügt nur wenig Sinn ergaben.

Auch ist mir persönlich die Schlüsselszene auf Kuba gegen Ende der Aufführung zu knapp und ungenau ausgefallen. Sie wurde zwar durch einen kurzen Dialog zwischen Faber und einer Einheimischen abgedeckt, jedoch denke ich, dass ihre eigentliche Aussage, Fabers Aussöhnung mit der Natur und seine neu erwachte Bewunderung für diese, sowie seine neue, optimistischere und weniger rationale Weltanschauung auf der Strecke geblieben sind. Stattdessen wurde der Endszene von Faber im Krankenhaus kurz vor seiner entscheidenden Operation und dem Besuch Hannas mehr Aufmerksamkeit gewidmet. Sie ist gegenüber der Kuba-Episode verhältnismäßig länger als im Buch und prägt das Ende des Theaterstücks deshalb auch mehr. Dadurch wird die finale Abrechnung von Fabers Leben in den Vordergrund gerückt und die Veränderung, die er während des Romans durchlaufen und die auf Kuba ihren Abschluss gefunden hat, erscheint nur noch zweitrangig.

Insgesamt hat mir das Stück besonders durch seine dynamische Umsetzung und die interessante Darstellung des Protagonisten durch gleich vier Personen sehr gefallen und ich würde es jedem weiterempfehlen, der den Roman bereits gelesen hat, da das Stück sich andernfalls doch als zu verwirrend erweisen könnte.

Carla Wolf, MSS 12