Als zweiter Blickpunkt zu den Kulturtagen der Südlichen Weinstraße wurde am 6. September die Skulptur „Die Gedanken sind frei“ von Volker Krebs am Gymnasium in Edenkoben enthüllt.
Der Titel der Skulptur „Die Gedanken sind frei“ referiert auf eines der bekanntesten deutschen Volkslieder. Die Grundidee stammt bereits aus der Antike, schon der Philosoph Cicero hat sie verwendet. Um 1200 verarbeitete der Minnesänger Walther von der Vogelweide das Motiv in einem seiner Minnelieder.
Verfasser und Komponist dieses Liedes „Die Gedanken sind frei“ sind nicht bekannt. 1808 hatten Achim von Arnim und Clemens Brentano es in ihre beliebte Volksliedsammlung „Des Knaben Wunderhorn“ aufgenommen.
Die Botschaft des Liedes wurde überall verstanden. Auf dem Hambacher Fest, einem Treffen für ein einheitliches Deutschland und gegen Repression und Zensur, wurde es 1832 von deutschen Burschenschaftlern gegen die Karlsbader Beschlüsse gesungen. Und hier besteht der unmittelbare Bezug zu unserer Schule unter dem Hambacher Schloss.
Immer wieder war das Lied in Zeiten politischer Unterdrückung oder Gefährdung Ausdruck für die Sehnsucht nach Freiheit und Unabhängigkeit.
Der Vater Sophie Scholls wurde Anfang August 1942 wegen hitlerkritischer Äußerungen inhaftiert. Sophie Scholl stellte sich abends an die Gefängnismauer und spielte ihrem dort einsitzenden Vater auf der Flöte die Melodie vor.
Am 9. September 1948, auf dem Höhepunkt der Berliner Blockade, hielt Ernst Reuter vor über 300.000 Berlinern vor der Ruine des Reichstagsgebäudes seine Rede, in der er an „die Völker der Welt“ appellierte, die Stadt nicht preiszugeben. Nach dieser Rede erklang spontan aus der Menge u. a. das Lied „Die Gedanken sind frei“.
Und das Lied erklingt immer wieder, wenn es um den Schutz und die Einforderung der persönlichen Meinungsfreiheit geht, zuletzt bei einer Demonstration für den in der Türkei verhafteten deutschen Journalisten Deniz Yücel.
Mit einer Skulptur, die diesen Namen trägt, wird dem Gymnasium Edenkoben die verantwortungsvolle Aufgabe gestellt, Schülerinnen und Schüler in dieser Tradition zu erziehen. Dies passt umso mehr, als das Gymnasium Edenkoben eine der Schulen ist, die die Auszeichnung „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ trägt. Dem Künstler Volker Krebs sei an dieser Stelle ganz besonders gedankt.
„Warum aber hat sich der Künstler ausgerechnet den Denker von Auguste Rodin als Vorbild ausgesucht?“ wollten die Schülersprecher von Volker Krebs wissen und erfuhren, dass der berühmte französische Bildhauer vor genau 100 Jahren gestorben ist und der Denker „seine bekannteste Figur“ war. Und weil „denken, lernen und Schule ja irgendwie was miteinander zu tun haben“, sei ihm die Idee gekommen, dies alles hier, am Edenkobener Gymnasium, miteinander zu verknüpfen, so Volker Krebs. Er selbst habe die Form des Denkers transformiert, die in sich gekehrte Haltung nach außen geöffnet und die Blickrichtung geändert, erläuterte der Künstler bei der Enthüllung des Skulptur. Auch die Flügel sind dem Denker erst jetzt gewachsen. Sie haben etwas Symbolhaftes und verweisen auf die Entwicklungsphase in der Schule und dass die Schüler hier in einem behüteten Raum sind, legte der Bildhauer dar und wünschte den jungen Leuten die damit angedeutete Kreativität, Freiheit des Geistes und des Körpers und auch geistige Höhenflüge.
Das Konzept von Landrätin Theresia Riedmaier bei den dritten „Blickpunkten“ fokussiert auf Künstler und Schule, sie unterstrich bei der Enthüllung , wie wichtig und positiv prägend die Auseinandersetzung mit Kunst gerade in Bildungseinrichtungen für junge Menschen ist. So stehe dieser Blickpunkt für „einen weiten Horizont, grenzenloses Denken, Meinungsfreiheit und Demokratie“. Jeder solle sich „beflügeln lassen für das, was er eben kann und aufnehmen kann“, so die Landrätin.
Ulrich Erfort